«Andreev Chemie» auf einem Nanodraht

31.07.2023

Forschende der Universität Basel und der Lund University haben supraleitende Paarzustände von Elektronen auf mehreren Segmenten von einem Nanodraht generiert, die durch Barrieren getrennt sind. Je nach Höhe der Barrieren können diese Paarzustände gekoppelt und verschmolzen werden. Die Ergebnisse wurden kürzlich in der Wissenschaftszeitschrift «Communications Physics» publiziert und liefern wichtige Einsichten für die Entwicklung neuer Quantenzustände.

In einem Supraleiter entstehen neue Materialeigenschaften, wie verlustfreie Stromleitung, indem Elektronen eine Art Paar bilden. Bringt man ein halbleitendes Material in Kontakt mit einem Supraleiter, können auch die Elektronen eines Halbleiters ähnliche Paarzustände eingehen, die «Andreev bound states» genannt werden.

Solche Zustände auf einzelnen langen, dünnen Kristallen, sogenannte Nanodrähte, werden seit einigen Jahren verstärkt erforscht, da sie sich theoretisch als besonders gute Informationsträger eignen könnten.

Analogien zur Chemie

Nun ist es Forschenden aus dem Team von Professor Dr. Christian Schönenberger und Dr. Andreas Baumgartner vom Departement Physik und Swiss Nanoscience Institute der Universität Basel in Zusammenarbeit mit der Lund University gelungen, solche Paarzustände auf drei Segmenten auf einem Nanodraht zu generieren, die durch im Kristall gewachsene Barrieren getrennt sind. Die Höhe der Barrieren können die Forschenden dabei durch eine elektrische Spannung manipulieren.

«Anhand der charakteristischen Art wie elektrischer Strom geleitet wird, können wir die jeweiligen Zustände identifizieren», erklärt Erstauthor der Veröffentlichung in «Communications Physics» Dr. Christian Jünger.

Sind die Barrieren gross, entstehen auf den zwei Segmenten nahe eines Supraleiters einzelne, unabhängige Andreev bound states. Analog zu den Ein-Elektronen-Zuständen in natürlichen Atomen aus der Chemie können diese als «Andreev Atome» angesehen werden. Wenn die Barrieren zwischen den Segmenten verkleinert werden, entstehen gekoppelte Andreev bound states, die analog als «Andreev Moleküle» bezeichnet werden.

Wenn die Forschenden die Barrieren sehr niedrig machen, entstehen Paarzustände, die über den ganzen Nanodraht reichen und verlustfrei elektrischen Strom leiten – was als «Josephson Effekt» bekannt ist. «Dies entspricht einer Verschmelzung der ursprünglichen Andreev bound states zu «Andreev Helium» – in Analogie zu verschmolzenen Wasserstoffatomen», kommentiert Dr. Andreas Baumgartner.

Diesen Verschmelzungsprozess werden Forschende in künftigen Experimenten mit einer ähnlichen Art von Paarzuständen, sogenannten Majorana bound states, untersuchen und damit einen wichtigen Schritt in Richtung Anwendung für Quantencomputer gehen.