Diagnosetool für Abwasserreinigungsanlagen

Das HTZ hat die Chestonag Automation AG (CAG) im Rahmen einer Machbarkeitsstudie begleitet. Die CAG hat eine Diagnoseplattform entwickelt, mit der sich in Abwasserreinigungsanlagen Prozessanalysen individuell online abbilden lassen.

Das Hightech Zentrum Aargau hat die Chestonag Automation dabei unterstützt, ihre Lösungen zur Automatisierung des Betriebs von Abwasserreinigungsanlagen (ARA) weiter zu verbessern. Die Online-Visualisierung von Diagnosedaten ermöglicht es, eine ARA wirtschaftlicher zu betreiben.

Lösungen für die Betriebsautomation von ARA sind seit langem ein Standbein des Ingenieur- und Softwareunternehmens Chestonag Automation AG (CAG). Das KMU betreut in der Schweiz rund 170 Kläranlagen und hält damit eine führende Position. Die fortschreitende Digitalisierung – Industrie 4.0 – sorgt für zusätzlichen Wettbewerb. Auf Seiten der ARA wächst die Nachfrage nach einer weiterführenden Datenvisualisierung. Im Idealfall werden Betriebsdaten in einem Leitsystem so dargestellt, dass das Betriebs- und Wartungspersonal den Zustand bestmöglich überblickt. Dazu gehört insbesondere das frühzeitige Erkennen von bevorstehenden Ausfällen einzelner Anlageteile.

Anfang 2018 verfügte die CAG bereits über Visualisierungskonzepte und einen eigenen Prototypen. Es fehlten jedoch Algorithmen für die zustandsbasierte Wartung und Betriebsoptimierung. Reto Steinemann, Entwicklungsleiter und Mitglied der Geschäftsleitung, brachte die Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW und das Hightech Zentrum Aargau ins Spiel. Bernhard Isenschmid, Technologie- und Innovationsexperte des HTZ, initiierte eine Machbarkeitsstudie. Auch begleitete er das Projekt im Stil eines Sparringpartners: Die Ziele und die Vorgehensweise wurden hinterfragt, auch lieferte Isenschmid Lösungsinputs.

Reto Steinemann, Leiter Entwicklung und Mitglied der Geschäftsleitung, Chestonag Automation AG, Seengen

«In einer frühen Phase der Entwicklung haben wir festgestellt, dass wir im Bereich der zustandsbasierten Wartung mehr Know-how benötigen, um die damit möglichen Anwendungen zu identifizieren. Durch die Machbarkeitsstudie konnte festgelegt werden, welche Anwendungen sich als umsetzbar und wartbar erweisen. Für die grossartige Zusammenarbeit mit dem Hightech Zentrum Aargau und der FHNW möchten wir uns an dieser Stelle bedanken.» www.htz.ch/428

Starke Marktstellung in der Deutschschweiz

Das Institut für Automation der FHNW entwickelte und testete die benötigten Algorithmen. Eine Auswahl wird in die eigens entwickelte, bereits eingeführte Software-Plattform der CAG implementiert. ARA-Betreiber sollen ein einfach zu bedienendes, jedoch spezifisches Tool einsetzen können. Damit lassen sich im Idealfall die Wartungskosten verringern, die Planbarkeit der Wartungseinsätze vereinfachen und die Effizienz des gesamten Betriebs erhöhen. Der Knackpunkt lag darin, das Diagnosetool im Leitsystem «Provex» zu integrieren, um so dem Kunden weiterhin eine durchgängige Lösung bieten zu können. Die CAG will mit dem neuen Diagnosesystem ihre Marktstellung in der Schweiz festigen.

Die CAG hat in 33 Jahren über 3000 Projekte realisiert. Sie bietet kundenspezifische Automationslösungen für die öffentliche Hand und für Unternehmen aus den Bereichen kommunale Ver- und Entsorgung, Gebäudeautomation, Kälteerzeugung, Energietechnik und Industrieautomation. Die CAG gehört einer Mehrzahl ihrer 65 Mitarbeitenden.

Auf einen Blick

Das HTZ hat die Chestonag Automation AG (CAG) im Rahmen einer Machbarkeitsstudie begleitet. Die CAG hat eine Diagnoseplattform entwickelt, mit der sich in Abwasserreinigungsanlagen Prozessanalysen individuell online abbilden lassen.

Prof. Dr. David Zogg, Fachhochschule Nordwestschweiz Institut für Automation, Chestonag Automation AG

«Im Rahmen einer Machbarkeitsstudie wurde für die Firma Chestonag Automation AG ein Online-Diagnoseverfahren entwickelt, um aufgreund von Prozessdaten auf den momentanen Zustand einzelner Komponenten von Abwasserreinigungsanlagen zu schliessen. Die Studie war für beide Seiten von hohem Nutzen, da neue, prozessnahe Ansätze verfolgt wurden, welche bei der Chestonag AG zeitnah umgesetzt werden. Die enge Zusammenarbeit führte sogar zu einer Übernahme eines Mitarbeiters des Instituts für Automation, welcher nun das Know-how beim Industriepartner optimal integriert. Wir möchten uns auch herzlich bedanken für die äusserst wertvolle Unterstützung durch das Hightech Zentrum Aargau, ohne das dieses Projekt gar nicht zustande gekommen wäre.» www.htz.ch/428

Projekt-Follow-up 2021

Die Chestonag Automation AG (CAG) ist auf die Automatisierung des Betriebs von Abwasserreinigungsanlagen (ARA) spezialisiert. Im Rahmen einer Machbarkeitsstudie wurde ein Tool evaluiert und getestet, mit dem sich online  Diagnosedaten in hoher Auflösung visualisieren lassen – mit dem Ziel, Optimierungsmöglichkeiten sichtbar zu machen und letztlich die Effizienz der ARA zu steigern. Die Studie lieferte einerseits die Erkenntnis, dass die Algorithmen auch wirklich funktionieren. Andererseits zeigte sich, dass es zu aufwändig wäre, das Tool für jede ARA durch das  Training von Algorithmen individuell zu konfigurieren. 

Der grösste Nutzeffekt war die Erkenntnis, dass es vorteilhaft ist, auf einfachere Algorithmen zurückzugreifen. Im ARA-Bereich gibt es zu viele Anwendungsfälle, um diese mittels komplexer Algorithmen überwachen zu wollen. Der Aufwand  wäre viel zu gross, ebenso das Risiko von Fehlalarmen. «Aufwand und Ertrag würden in die falsche Richtung zielen», erläutert Reto Steinemann, Leiter Entwicklung und Mitglied der Geschäftsleitung der CAG. Er ergänzt: «Im Rahmen dieser Machbarkeitsstudie haben wir viel über die Darstellung von Daten gelernt.» In der Folge entwickelte das Unternehmen einen Prototyp. Dieser erlaubt es, an die einzelnen Objekte im Leitsystem einfache  Überwachungskomponenten anzuschliessen. Auch dieser Prototyp hat funktioniert, wobei der Aufwand für die  Konfiguration auch in diesem Fall sehr hoch war. Für die Darstellungen hat die CAG ihre Sammlung an spezifischen  Darstellungen («Widgets») mit den Erkenntnissen aus der Machbarkeitsstudie ergänzt. Erweiterte Visualisierungsmöglichkeiten erhöhen das Potential für die Optimierung von Teilprozessen und einer Anlage als Ganzes