Damit beim Dämmen nichts anbrennt
Das Hightech Zentrum Aargau hat eine Machbarkeitsstudie lanciert, die zur Grundlage für ein strategisch bedeutsames neues Produkt der Alporit AG in Boswil wurde. Im Mittelpunkt steht dabei das Brandverhalten von Dämmstoffen.

Das Hightech Zentrum Aargau hat eine Machbarkeitsstudie lanciert, die zur Grundlage für ein strategisch bedeutsames neues Produkt der Alporit AG in Boswil wurde. Im Mittelpunkt steht dabei das Brandverhalten von Dämmstoffen.

Geht es um das Dämmen und Dichten, ist die swisspor AG im Schweizer Markt die Nummer 1. In Boswil stellt die Produktionsgesellschaft Alporit AG hochwertige Dämmstoffe für den Hochbau und die Bautechnik her. Wärmedämmplatten aus extrudiertem Polystyrol-Hartschaum (XPS) haben sich zum Hauptprodukt entwickelt. Diese Platten leisten einen wichtigen Beitrag zur Verringerung der Wärmeverluste von Gebäuden. Sie zeichnen sich durch eine hohe Druckbelastbarkeit und chemische Beständigkeit auf und nehmen kaum Wasser auf. Eingebaut werden XPS-Platten sowohl in der Erde bei drückendem Grundwasser, in Flachdächern unter Parkdecks und unter Fundamentplatten, wo sie ganze Gebäude tragen.

Alternativen gefunden
Schweizer Brandschutzvorschriften setzen für Dämmstoffe, die im Hochbau verwendet werden, eine Brennbarkeitsklassifizierung voraus. Bestehende Produkte erfüllen diese Kriterien, weil sie bromhaltige Flammschutzadditive enthalten. Aus Umweltschutzgründen sind halogenhaltige Baustoffe jedoch zunehmend unerwünscht. Für bestimmte Gebäude-Nachhaltigkeitslabel sind sie bereits zum «No-Go» geworden. 2018 wandte sich der damalige Forschungs- und Entwicklungsleiter der swisspor AG, Dr. Hans Simmler, an das HTZ und erkundigte sich wegen der Förderungswürdigkeit der Evaluation von alternativen Flammschutzmitteln für XPS. HTZ-Experte Beat Bachmann nahm eine Lagebeurteilung vor. Sowohl die Wichtigkeit des Projekts für Alporit als auch die Umweltrelevanz wurden aufgezeigt – und eine Machbarkeitsstudie in Angriff genommen.

Der richtige Forschungspartner
Auch international waren noch keine XPS-Produkte ohne halogenisierte Flammschutzmittel verfügbar, welche die brandschutztechnischen Anforderungen für den Einsatz im Hochbau erfüllten. Es gelang, mit dem Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT in Pfinztal (Baden-Württemberg) den geeigneten Forschungspartner zu gewinnen. Die Studie wurde erfolgreich abgeschlossen und die Alporit AG will das neue Produkt nach weiteren Tests 2023 einführen. Dr. Volker Brombacher, seit April 2020 Forschungs- und Entwicklungschef der swisspor AG, bringt den Effekt der Kooperation mit dem ICT und dem HTZ auf einen einfachen Nenner:
«Der Nutzen ist für uns sehr hoch. Wir haben die Lösung für die Entwicklung eines patentierfähigen Produkts gefunden, was uns im Wettbewerb ein zusätzliches Alleinstellungsmerkmal verschafft.»
Dr. Volker Brombacher

Auf einen Blick
Das HTZ hat die Alporit AG, ein Produktionsunternehmen der swisspor AG, im Rahmen einer umfangreichen Machbarkeitsstudie bei der Evaluation von alternativen Flammschutzmitteln für Dämmstoffe beraten und begleitet. Als Projektpartner war das Fraunhofer-Institut engagiert.
Nachgefragt beim Forschungspartner: Christoph Mack, Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT
Das Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT ist als Forschungspartner in das Projekt mit der Alporit AG und dem Hightech Zentrum Aargau involviert – mit wie vielen Ressourcen?
Im Wesentlichen waren drei Mitarbeitende während über zweieinhalb Jahren mit dem Projekt beschäftigt. Indirekt waren etliche weitere Personen involviert.
Wie nah dran sind Sie persönlich?
Ich war Projektleiter seitens Fraunhofer ICT und gemeinsam mit den Kollegen Carl-Christoph Höhne und Andre Bachert für die Recherche, Planung, Abstimmung und Durchführung des Projekts zuständig.
Gab es im Zusammenhang mit diesem Projekt eine besondere Herausforderung für Sie beziehungsweise das Institut?
Die Entwicklung von halogenfrei flammgeschütztem XPS selbst war eine grosse Herausforderung und mit einem hohen Risiko behaftet. Umso höher ist das erfolgreiche Ergebnis zu bewerten. Gerade das Testen neuer Additive ist im Schaumprozess anspruchsvoll, da dieser oft selbst durch kleinste Mengen von Fremdstoffen empfindlich gestört werden kann. Das führt dazu, dass selbst wirksame, flammschützende Additive nicht automatisch auch zu einem guten Schaumprodukt führen.
Hat diese Kooperation für das Institut einen besonderen Nutzeffekt, der hier erwähnt werden könnte?
Das Institut hat sein Know-how im Bereich halogenfreier Flammschutzmittel und deren Anwendung in der Entwicklung von thermoplastischen Schäumen erweitert.
Welche Rolle spielen solche Machbarkeitsstudien mit dem HTZ für das Fraunhofer ICT?
Machbarkeitsstudien, welche in direkter Kooperation mit Industriepartnern durchgeführt werden, sind das täglich Brot eines Forschungsinstituts wie unseres. Dabei wird ständig neues Wissen generiert, welches zum einen dem Kunden hilft, seine Problemstellung zu lösen. Zum anderen hilft es uns, einen substantiellen und ständigen Wissensaufbau zu generieren.
Wie würden Sie die Kooperation mit dem HTZ qualifizieren?
Die Kooperation mit dem HTZ war sehr gut und vor allem pragmatisch und lösungsorientiert. Diese Arbeitsweise fördert einen guten Umgang miteinander und sorgt am Ende für eine schnelle und effiziente Bearbeitung der Aufgabenstellung.
Ihr Institut?
Wir sind eines der ältesten Fraunhofer-Institute. Das ICT wurde bereits 1959 gegründet. Aktuell beschäftigen wir 540 Personen am Institut. Das Vollzeitäquivalent liegt bei etwa 400 Köpfen. Unser Umsatz betrug 2020 43,5 Millionen Euro. Wir sind gemeinnützig und damit nicht gewinnorientiert.

Zur Person: Christoph Mack
Ich bin 37 Jahre alt und Maschinenbauingenieur. Seit 2012 bin ich am Fraunhofer ICT fest angestellt und im Bereich Schäumtechnologien tätig. Seit 2017 bin ich Gruppenleiter des Teams Schäumtechnologien.