Warum sich Schmutz einfach entfernen lässt

24.04.2020

Um den sogenannten Lotuseffekt für die Selbstreinigung von Oberflächen effektiver nutzen zu können, haben Forscher untersucht, wie Superhydrophobie im Detail funktioniert und welche Kräfte am Prozess beteiligt sind.

Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Polymerforschung (MPI-P) in Mainz fanden es irritierend, dass zwar allein im Jahr 2018 weltweit fast 2000 Artikel zur Superhydrophobie veröffentlicht wurden, aber trotz dieses enormen Interesses an dem Effekt für die Selbstreinigung ein klares Bild der Schadstoffentfernung auf Einzelpartikel-Ebene fehlte. Um zu einem besseren Verständnis zu gelangen, haben die Forscher um Doris Vollmer und Rüdiger Berger deshalb den Selbstreinigungsprozess auf der Mikrometerskala analysiert. Über ihre Ergebnisse berichten sie aktuell in der Zeitschrift "Science Advances".

Selbstreinigung von superhydrophoben Oberflächen (A) Die Oberflächen sind mit Partikeln unterschiedlicher Größe (80 nm bis 50 μm) und Polarität (hydrophob / hydrophil) kontaminiert. (B) Wassertropfen rollen über die kontaminierte Oberfläche. (C) Können die Wassertropfen die Verunreinigung entfernen und wie wird die Superhydrophobie beeinflusst? Wie entwickelt sich die Selbstreinigung im Mikrometerbereich und welche Kräfte sind am Selbstreinigungsprozess beteiligt?

Mit der konfokalen Mikroskopie konnten die Wissenschaftler verfolgen, wie ein über die Oberfläche rollender Tropfen Schmutzpartikel aufnimmt. Es zeigte sich, dass ein Tropfen auf einer mit Schmutzpartikeln verunreinigten superhydrophoben Oberfläche im Wesentlichen nur Kontakt mit den Schmutzpartikeln selbst hat – also kaum einen Kontakt mit der Oberfläche herstellt. Dafür sei aber die Größe der Partikel im Vergleich zu typischen Längenskalen der Oberflächen-Rauigkeit essenziell. "Eine Oberfläche funktioniert effektiv, wenn die Längenskala beziehungsweise Porengröße der superhydrophoben Oberfläche kleiner ist als der Schmutzpartikel selbst", sagt Doris Vollmer. "Dann wird Schmutz, zum Beispiel durch Regen, komplett entfernt."

Design einer schmutzabweisenden Oberfläche

In einem weiteren Schritt haben die Wissenschaftler die über die laserbasierte Mikroskopie gefundenen Ergebnisse mit Hilfe von Kraftmessungen verifiziert und konnten zeigen, dass die Kraft, die für die Fortbewegung des Tropfens notwendig ist, sich aus der Anzahl an Schmutzpartikeln sowie der Haftkraft zwischen den Partikeln und der Oberfläche ergibt. Wie sie berichten, führten diese sehr genauen Kraftmessungen zu einem weiteren wichtigen Ergebnis für das Design einer schmutzabweisenden Oberfläche: Partikel werden nur dann effektiv entfernt, wenn die Haftung zwischen Tropfen und Partikel größer ist als die Haftkraft zwischen Partikel und Oberfläche. Dann erst werde der Schmutz von dem Tropfen mitgenommen.

(Onlineartikel D. Beste / Springer Professional)

Originalpublikation:

F. Geyer, M. D’Acunzi, A. Sharifi-Aghili, A. Saal, N. Gao, A. Kaltbeitzel, T.-F. Sloot, R. Berger, H.-J. Butt and D. Vollmer, When and how self-cleaning of superhydrophobic surfaces works, Science Advances  17 Jan 2020:Vol. 6, no. 3, eaaw9727       DOI: 10.1126/sciadv.aaw9727