Mission Innovation in der Beschichtungstechnik

31.05.2022

Vom 22. bis 27. Mai traf sich im fernen San Diego nach einer zweijährigen Unterbrechung wieder die Beschichtungs-Community an der 48th International Conference for Metallurgical Coatings and Thin Films  der  international führenden Konferenz für Dünnschichttechnologie, Schichtanalytik und innovative Oberflächentechnik. Schwerpunktleiter Dr. Marcus Morstein war für nano.swiss und das HTZ mit einem Beitrag vor Ort.

Ein inspirierender Plenarvortrag von MIT-Professor Christopher Schuh über Aufprallphänomene von Mikropartikeln bei extremen Geschwindigkeiten lancierte die 48. ICMCTF. Mit insgesamt 462 Teilnehmenden aus 32 Ländern lag die Konferenz wieder bei etwa 70% des Niveaus der Jahre vor der Pandemie. Nur bei den asiatischen Staaten (6% aller Teilnehmenden) gab es aufgrund der nach wie vor bestehenden Reiserestriktionen grosse Lücken, den Löwenanteil bildeten zu etwa gleichen Teilen Europa (48%) und Nordamerika (44%). Viele bekannte und viele neue Gesichter kamen dieses Jahr nach San Diego, um sich über die neueste Forschung im Bereich Beschichtungen und Oberflächentechnik zu informieren, andere Experten persönlich zu treffen, sich inspirieren zu lassen und − was ebenso wichtig ist − Spass zu haben. Oder, wie es ein Teilnehmer ausdrückte: «Wissen Sie, ich komme vor allem hierher, um gute Freunde zu treffen». Eine erste Gelegenheit dazu bot sich bereits am Montag Nachmittag beim Welcome Mixer.

Trends in Grundlagen und Anwendungen

Wie immer gab es unter den insgesamt 430 Konferenz-Beiträgen viele und relevante Neuigkeiten aus allen Aspekten des Designs, der Entwicklung und Anwendung neuer dünner Schichten und Beschichtungsprozesse zu sehen und hören. Neue Schichtmaterialien wurden unterstützt durch Modellrechnungen oder auch klassisch-explorativ gefunden und charakterisiert und Beschichtungsprozesse wie HiPIMS weiter optimiert.
Aber auch neue Anwendungen standen im Fokus. Eine neue Session, die dabei viel Aufmerksamkeit auf sich zog, war «Elektrochemische Zellen - Wasserstoff und Batterien». Grossartige Arbeit von Nazlim Bagcivan (Schaeffler) und Konrad Fadenberger (Bosch) bei der Zusammenstellung dieses Programms. Wir wünschen uns, dass wir im nächsten Jahr mehr zu diesem für die Energiewende so wichtigen Thema sehen können!
Auch in einer Session zu «Abscheidungstechnologien und Anwendungen für kohlenstoffbasierte Beschichtungen» spielten Oberflächen für Brennstoffzellen, neue Batterietechnologien und zur Energieeinsparung durch Reibungsminderung eine Rolle. Für diese Session  hatten die Chairmen Konrad Fadenberger (Bosch) und Frank Papa (GP Plasma) interessante Beiträge vor allem aus der Industrie ausgewählt, die alle Facetten dieses Themas beleuchteten.  Auch der Leiter des Schwerpunkts Werkstoff- und Nanotechnologien am HTZ, Dr. Marcus Morstein, trug einen eingeladenen Vortrag über «Carbon-Based Coatings for Forming and Protection of Stainless Steel Sheets» bei. Die Präsentation bot auch die Gelegenheit, praktische Anwendungsfälle der HTZ-Projektpartner für DLC-Beschichtungen zum Schutz von rostfreiem Stahl und für die Herstellung von metallischen Brennstoffzellen-Bipolarplatten vorzustellen.

Erstmals eine Preisträgerin und die Würdigung einer Lebensleistung

Zuvor gab es am Dienstag eine Sondersession, in der die langjährigen Beiträge von Prof. J.E. Greene zur Konferenz und zum Fachgebiet gewürdigt wurden. Diese beleuchtete nicht nur seinen immensen Einfluss in Forschung und Lehre, sondern auch die Tatsache, dass seit den Anfängen der Konferenz die enge Zusammenarbeit zwischen Universitäten und der Industrie im Mittelpunkt steht − genau das, was unsere Mission Innovation anstrebt.

Bemerkenswert war auch, dass während der traditionellen Preisverleihung am Mittwochabend jede Kategorie dreimal vergeben werden musste, und zwar für 2020, 2021 und 2022 − die (hoffentlich) allerletzten Folgen der Pandemie. Der wichtigste Preis ist der RF Bunshah Award, der nach dem Gründer der ICMCTF benannt ist. Mit diesem Preis werden herausragende Forschungsarbeiten oder technologische Innovationen in den Bereichen Oberflächentechnik, dünne Schichten und verwandten Themen gewürdigt.  Herzlichen Glückwunsch an Prof. Jolanta-Ewa Sapieha von der Polytechnique Montréal, die 2022 als erste Frau den RF Bunshah Award erhält. Der Titel gefiel: «Functional Coating and Surface Engineering for Real Life». Wobei das «wirkliche Leben» ein sehr weites Feld bis hin zu Schutzschichten für Weltraumanwendungen umfasste. Die Bunshah-Preisträger des Jahres 2020 und 2021 sind Prof. Christian Mitterer und Prof. André Anders.

ICMCTF Exhibit mit spannenden Neuheiten

Am Dienstag und Mittwoch präsentierte die Industrieausstellung der ICMCTF 2022 eine breite Palette von Produkten für die Forschung, Produktion und Charakterisierung von innovativen Beschichtungen. Sogar Augmented Reality kam zum Einsatz − am Stand der Swiss Cluster AG, einem Empa-Spinoff mit Sitz in Thun, funktionierte die Visualisierung der Laborbeschichtungsanlage hervorragend. Ein weiteres Schweizer Unternehmen, das hier ausstellte, war die Buchser FemtoTools AG, die ihr neues Hochgeschwindigkeits-Nanoindentations-System für die effiziente Härtemessung von Schichten vorstellte.

Zum Abschluss Sonne und Anti-Eis-Schichten

Am Freitag gab es zum Ausklang beispielsweise einen Vortrag zu Pinguin-inspirierten Anti-Icing-Oberflächen für Flugzeuge zu hören. Dann hiess es von alten Freunden, neuen Kontakten und der wichtigsten internationalen Konferenz für Dünnschichttechnologie, Schichtcharakterisierung und moderne Oberflächentechnik Abschied zu nehmen. Thank you, see you next year!

M. Morstein / nano.swiss / Hightech Zentrum Aargau