Der «Forschungsbeschleuniger»

26.05.2023

Der Zukunftsfonds der Empa sucht für herausragende Forschungsprojekte, die anderweitig (noch) nicht unterstützt werden, private Geldgeber. So etwa für ein Projekt aus dem Empa-Labor «Surface Science and Coating Technologies», das die Forschung an multifunktionalen Dünnschichten, etwa für elektronische Bauteile oder Hochleistungsoptiken, mit Unterstützung der Helmut Fischer und Anni Walther-Stiftung beschleunigen will.

Experimente in Ultrahochvaku­um-Beschichtungsanlagen sind oft langwierig und teuer. Was wäre also, wenn man statt 50 Experimenten nur ein einziges durchführen müsste – und trotzdem 50 unterschiedliche Materialproben erhielte? Und was wäre, wenn man die Charakterisierung dieser Proben automa­tisieren könnte und die Untersuchungs­ergebnisse sofort zur Auswertung in einer Datenbank zur Verfügung ständen?

Diese Fragen hat sich die Empa-For­schungsgruppe rund um Sebastian Siol gestellt. Die Antwort ist klar: Man könnte neuartige Schichten und Schichtsysteme wesentlich schneller entwickeln. Seit ein paar Jahren baut Siols Forschungsgruppe die Infrastruktur auf, um diesen Traum zu realisieren. In einem von der Helmut Fischer und Anni Walther-Stiftung ge­fördertem Projekt wird diese nun weiter ausgebaut und für die Entwicklung multifunktionaler keramischer Schich­ten genutzt. Den Kontakt zur Stiftung hat der Empa Zukunftsfonds vermittelt. Die Forschung an multifunktionalen Schichten ist auch für die Stiftung von grossem Interesse: Der Stifter befasst sich seit mittlerweile 70 Jahren mit intelligenten Lösungen im Bereich der Schichtdickenmessung auf unterschied­lichen Materialien. Die Stiftung erklärte sich daher bereit, eine Doktorarbeit zu diesem Thema zu finanzieren und zu­dem die Infrastruktur zur automatischen Charakterisierung um ein Härteprüfgerät für dünne Schichten zu erweitern.

Die Forschung an multifunktionalen Dünnschichten ist hochkomplex und aufwändig, müssen doch Beschichtun­gen heute immer höheren Anforderun­gen gerecht werden. Gleichzeitig soll die Anzahl der verwendeten Schichten reduziert werden. Oft müssen die Forschenden dafür mehrere Eigenschaf­ten gleichzeitig optimieren, die schwer kombinierbar sind, etwa in Schichten mit hoher Härte und geringer Reflexion.

Doch zurück zu Sebastian Siols Traum. In der «kombinatorischen Dünnschicht­entwicklung» stellt sein Team mit Hilfe spezieller Abscheideverfahren Schichten mit kontrollierten Gradienten her. So werden in einem einzelnen Experiment grosse Parameterbereiche abgedeckt, beispielsweise bezüglich Prozesstempera­tur oder chemischer Zusammensetzung. Die so entstandenen Schichten werden anschliessend automatisch analysiert.

«Forschungsbeschleuniger» wie der­artige Hochdurchsatztechniken sind der Schlüssel zur künftigen Material­entwicklung. Am Computer lassen sich heute zahlreiche neue Materialien mit vielversprechenden Eigenschaften vor­hersagen. Mit konventionellen Experi­menten ist es jedoch schwer, jedes einzeln herzustellen und zu untersu­chen. Eine umfassende Infrastruktur zur kombinatorischen Materialentwicklung könnte diesen Prozess um ein Vielfaches beschleunigen. Dank der Förderung der Helmut Fischer und Anni Walther-Stif­tung kommt das Empa-Team diesem Ziel einen grossen Schritt näher.

Text: Lars Sommerhäuser, Sebastian Siol
Quelle: https://www.empa.ch/web/s604/multifunctional-thin-films

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