Maschinelles Lernen im Quantenlab

21.10.2019

Der Spin einzelner Elektronen in Quantenpunkten könnte als kleinste Informationseinheit eines Quantencomputers dienen. Wissenschaftler der Universitäten Oxford, Basel und Lancaster haben nun einen Algorithmus entwickelt, mit dem sich Quantenpunkte automatisch messen und einstellen lassen. Sie veröffentlichen in «npj Quantum Information» wie sie durch maschinelles Lernen diesen enorm zeitaufwendigen Prozess um einen Faktor vier beschleunigen können. Mit dieser automatischen Messung und Steuerung der Qubits wird somit ein wichtiger Schritt zur Skalierung zu vielen Qubits gemacht.

Der Elektronenspin einzelner Elektronen in einem Quantenpunkt wird seit einigen Jahren als idealer Kandidat für die kleinste Informationseinheit eines Quantencomputer, Qubit genannt, diskutiert.

Kontrolle über angelegte Spannungen

In Quantenpunkten aus geschichteten Halbleitermaterialien sind einzelne Elektronen wie in einer Falle gefangen. Ihre Spins lassen sich zuverlässig bestimmen und schnell umschalten. Über Spannungen, die an den verschiedenen Nanostrukturen der Falle angelegt werden, halten die Forscher die Elektronen unter Kontrolle. Sie können unter anderem steuern, wie viele Elektronen durch Tunneleffekte aus einem Reservoir in den Quantenpunkt gelangen. Dabei haben schon kleine Spannungsänderungen einen grossen Einfluss auf die Elektronen.

Die angelegten Spannungen jedes Quantenpunkts müssen daher sorgfältig eingestellt werden, bevor die optimalen Bedingungen erfüllt sind. Werden nun mehrere Quantenpunkte kombiniert um zu vielen Qubits zu skalieren, wird diese Einstellung enorm zeitaufwendig, da die Halbleiter-Quantenpunkte nicht vollständig identisch sind und die Charakterisierung für jeden Quantenpunkt einzeln vorgenommen werden muss.

Automatisierung durch maschinelles Lernen 

Wissenschaftler der Universitäten Oxford, Basel und Lancaster haben nun einen Algorithmus entwickelt, mit dem dieser Prozess automatisiert werden kann. Das maschinelle Lernen verkürzt dabei im Vergleich zur konventionellen Datenerfassung die Messzeit und die Zahl der Messungen um etwa einen Faktor 4.

Die Wissenschaftler trainieren das System zunächst mit Daten über den Stromfluss durch den Quantenpunkt bei unterschiedlichen Spannungen. Ähnlich wie bei einer Gesichtserkennung lernt die Software nach und nach, wo weitere Messungen nötig sind, um den maximalen Informationsgewinn zu erzielen. Diese weiteren Messungen führt das System dann aus und wiederholt den Prozess bis nach vorab definierten Kriterien eine effektive Charakterisierung erreicht ist und der Quantenpunkt als Qubit betrieben werden kann.

«Wir haben maschinelles Lernen erstmals eingesetzt, um effektive Messungen in Galliumarsenid-Quantenpunkten durchzuführen und konnten damit grosse Anordnungen von Quantensystemen charakterisieren,» kommentiert Dr. Natalia Ares von der University of Oxford. «Der nächste Schritt in unserem Labor ist jetzt, die Software auch für Halbleiter-Quantenpunkte aus anderen Materialien anzuwenden, die für die Entwicklung eines Quantencomputer besser geeignet sind», ergänzt Prof. Dr. Dominik Zumbühl vom Departement Physik und Swiss Nanoscience Institute der Universität Basel. «Mit dieser Arbeit haben wir einen wesentlichen Beitrag geleistet, um die Skalierung auf eine grössere Anzahl von Qubits zu erleichtern.»

Originalbeitrag

Efficiently measuring a quantum device using machine learning
D.T. Lennon, H. Moony, L.C. Camenzind, Liuqi Yu, D.M. Zumbuhl, G.A.D. Briggs, M.A. Osborne, E.A. Laird, and N. Ares, npj Quantum Information 5, Article number: 79 (2019), doi: 10.1038/s41534-019-0193-4