Ein Durchbruch für die Zukunft: Nanokristalle aus Amalgam
05.08.2021ETH-Forschenden ist es gelungen, Nanokristalle aus zwei verschiedenen Metallen mittels eines Amalgamierungs-Prozesses herzustellen, bei dem ein flüssiges Metall ein festes durchdringt. Diese neue und überraschend intuitive Technik macht es möglich, eine grosse Bandbreite an intermetallischen Nanokristallen mit massgeschneiderten Eigenschaften für verschiedenste Anwendungen zu produzieren.
Nanokristalle sind wenige Nanometer grosse Kügelchen aus regelmässig angeordneten Atomen. Aufgrund ihrer vorteilhaften Eigenschaften sind sie in mehreren Technologien auf dem Vormarsch. Nanokristalle aus Halbleitern zum Beispiel werden in Fernsehbildschirmen der neuen Generation eingesetzt. In letzter Zeit machen nun zunehmend so genannte intermetallische Nanokristalle, in denen zwei verschiedene Metalle ein gemeinsames Kristallgitter bilden, von sich reden, da sie leistungsstarke und einzigartige Anwendungen versprechen. Diese reichen von der Katalyse über Datenspeicher bis hin zur Medizin.
Theoretisch gibt es Zehntausende möglicher Kombinationen von Metallen, die solche Nanokristalle bilden könnten, mit entsprechend vielen verschiedenen Materialeigenschaften. Bislang aber konnten nur aus einigen wenigen Paarungen tatsächlich Nanokristalle hergestellt werden. Forschende der ETH Zürich unter Leitung von Maksym Yarema und Vanessa Wood am Institut für Elektronik haben nun eine neue Technik entwickelt, mit der im Prinzip fast alle möglichen Kombinationen von intermetallischen Nanokristallen realisiert werden können. Ihre Ergebnisse erschienen kürzlich im Fachjournal Science Advances.
Überraschend intuitive Methode
«Unsere Methode ist einfach und intuitiv – so intuitiv, dass wir überrascht waren, dass noch niemand vor uns auf diese Idee gekommen ist», sagt Yarema. In herkömmlichen Verfahren für die Herstellung von Nanokristallen aus einem einzigen Metall werden die Metallatome in molekularer Form, zum Beispiel als Salze, in eine Lösung gegeben, in der dann die Nanokristalle wachsen. «Theoretisch kann man das auch mit zwei verschiedenen Metallen machen, aber in der Praxis ist es schwierig oder gar unmöglich, sehr verschiedenartige Metalle im Reagenzglas miteinander zu kombinieren», erklärt Yarema. Also griffen die ETH-Wissenschaftler auf ein Verfahren zurück, das schon seit Jahrhunderten benutzt wird: das Amalgamieren, also eine bestimme Art des Verschmelzens oder Vermischens von Metallen.
Flüssige Metalle
Amalgame sind vor allem aus der Zahnheilkunde bekannt, wo sie als Material für Plomben eingesetzt werden, und auch aus der Goldgewinnung. In beiden Fällen wird flüssiges Quecksilber hinzugegeben, um andere Metalle darin aufzulösen (für Zahnfüllungen ein Gemisch aus Kupfer, Zinn und Silber). Das Amalgamieren funktioniert aber auch mit jedem anderen flüssigen Metall. Neben Quecksilber, das schon bei Raumtemperatur flüssig ist, gibt es eine Reihe von Metallen mit relativ niedrigen Schmelzpunkten wie etwa Gallium (30 Grad Celsius), Indium (157 Grad) oder Zinn (232 Grad).
Yarema und seine Kollegen machen sich das Amalgam-Prinzip auf der Nanoskala zu Nutze. Die Reaktion beginnt mit dem Auflösen von Nanokristallen, die aus einem einzigen Metall bestehen, zum Beispiel aus Silber. Dann werden die Atome des zweiten Metalls – etwa Gallium - in Molekülform dazu gegeben (in diesem Fall als Amide, eine Verbindung aus Kohlenstoff, Wasserstoff, Stickstoff und Sauerstoff), während die Mischung auf knapp 300 Grad erhitzt wird.
Amalgam-Prinzip für Nanokristalle
«Wir sind überrascht, wie effizient die Verschmelzung auf der Nanoskala ist. Eine einzige flüssige Metallkomponente ist der Schlüssel zu einer schnellen und gleichmässigen Legierung in jedem Nanokristall.»
Maksym Yarema (Bild: ETH Zürich)
Organisation
nano.swiss